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Tierschutzbeauftragter

Einführung und Definition

Wer im Internet den Begriff „Tierschutzbeauftragter“ sucht, findet unter den obersten Einträgen meist Universitäten und Forschungsinstitute, die Tierversuche durchführen.

Diese sind dazu rechtlich verpflichtet, in ihren Einrichtungen Tierschutzbeauftragte zu ernennen. Die ernannten Personen kümmern sich um die Einhaltung von rechtlichen Anforderungen bei Tierversuchen in den Institutionen.

In diesem Beitrag geht es jedoch um politische Tierschutzbeauftragte, also Mitarbeiter*innen der staatlichen Verwaltung, die Ministerien bei der Umsetzung des Staatsziels Tierschutz unterstützen sollen.

Aktuell gibt es in Deutschland Tierschutzbeauftragte nur auf Landesebene. Die Bundesregierung unter Olaf Scholz kündigte allerdings im Koalitionsvertrag von 2021 an, das Amt eines*er Bundesbeauftragten für Tierschutz schaffen zu wollen.1

Wie helfen Tierschutzbeauftragte den Tieren?

Aufgabe und Befugnisse

Die Aufgaben der Landestierschutzbeauftragten regelt jedes Bundesland selbst in entsprechenden Gesetzen. Dazu gehört vor allem die Beratung der Landesregierungen in Sachen Tierschutz.

Außerdem sind sie eine Anlaufstelle für die Zivilgesellschaft bei Fragen und Anregungen zum Umgang mit Tieren. In gewissem Umfang können die Landestierschutzbeauftragten auch Öffentlichkeitsarbeit betreiben.

Auf folgende Weise können die Beauftragten für Tierschutz theoretisch Tierleid verhindern oder begrenzen:

Um diese Aufgaben zu erfüllen, müssen sie aber über geeignete Rahmenbedingungen, wie ausreichendes Budget und mit Expertise ausgestattete Mitarbeiter*innen verfügen.

Was können Tierschutzbeauftragte aktuell nicht leisten?

Landesbeauftragte für Tierschutz haben aktuell kein Veto- oder Mitbestimmungsrecht. Das heißt ihre Beratungen können einfach von Entscheidungsträger*innen abgewiesen werden.

Sie sind auf eine konstruktive Zusammenarbeit mit dem zuständigen Ministerium angewiesen. Aufgrund der geringen materiellen und personellen Ausstattung der Stabsstellen von Landestierschutzbeauftragten können sie kaum Öffentlichkeitsarbeit betreiben oder Gutachten in Auftrag geben.

Außerdem haben sie nur sehr begrenzte Möglichkeiten, im Namen der Tiere vor Gericht zu ziehen, um gegen Missstände zu klagen.

Ein*e Bundesbeauftragte*r für Tierschutz

Die Zivilgesellschaft fordert seit Langem, das Amt eines Beauftragten für Tierschutz auch auf Bundesebene zu etablieren. Der Einfluss der Landesbeauftragten endet bei der für Tiere wichtigen Bundespolitik.

Ein*e Bundesbeauftragte*r könnte die Bundespolitik im Sinne der Tiere beeinflussen und eine bundesweite Plattform für Transparenz über aktuelle Entwicklungen schaffen.

Die Bundesregierung erklärte im Koalitionsvertrag von 2021, das Amt eines*r Bundestierschutzbeauftragten schaffen zu wollen. Von Jurist*innen wurde ein viel beachteter Vorschlag verfasst, mit welchen Befugnissen dieses Amt künftig auszustatten ist, um den Tierschutz effektiv zu unterstützen.2

Tierschutzbeauftragter

Die Expert*innen schlagen vor, das Amt des*r Bundesbeauftragten mit folgenden Befugnissen auszustatten, um den Tierschutz wirksam voranzubringen:

Die Dienststelle des*r Bundesbeauftragten sollte bei dem für Justiz zuständigen Bundesministerium eingerichtet werden.3

Bisher ist der Tierschutz meist in den Landwirtschaftsministerien angesiedelt. Interessenkonflikte innerhalb dieser Ministerien werden für gewöhnlich im Sinne der Wirtschaftlichkeit der Tierhaltung entschieden.

Die Stabsstelle des*r Beauftragten kann nicht die gesamte nötige Expertise (unter anderem Recht, Ethik, Verhaltensforschung) abdecken. Durch ein ausreichendes Budget für Projekte und Analysen kann dieses Problem aber abgemildert werden.

Was sind die dringendsten Probleme?

Dass der Einfluss der Landestierschutzbeauftragten bisher im Sinne der Tiere sehr begrenzt war, hat mehrere Gründe.

Ein Aspekt ist sicher die mangelnde finanzielle und personelle Ausstattung der Stabsstellen. Indem sie als Anlaufstelle für öffentliche Fragen, Anregungen und Kritik herhalten müssen, geht bereits ein großer Teil ihrer Ressourcen verloren.

Ein weiteres Problem besteht darin, dass die Empfehlungen des*der Beauftragten zwar von Politiker*innen gehört werden müssen, diese aber längst nicht verpflichtet sind, darauf zu reagieren.

Die Wirkung der Arbeit von Beauftragten hängt also vom Willen der Politiker*innen und hohen Beamt*innen in den Ministerien ab, den Wandel im Umgang mit Tieren mit voranzubringen.

Da die Landestierschutzbeauftragten oft an den Agrarministerien angesiedelt sind, wirkt hier der Zielkonflikt mit wirtschaftlichen Interessen zuungunsten der Tiere. So berichten Landestierschutzbeauftragte, dass in den Ministerien Vorschläge zuweilen mit dem Argument abgelehnt werden, sie seien juristisch nicht umsetzbar, obwohl Tierschutz-Expert*innen außerhalb der Ministerien das anders sahen.

Das bedeutet, dass auch in den entscheidenden Abteilungen und Referaten der Ministerien tierschutzaffine Personen arbeiten müssten, um eine Umsetzung der Vorschläge zu erleichtern.

Ein weiteres großes Problem liegt in der heute unklaren Rollen- und Aufgabenbeschreibung der Tierschutzbeauftragten.

Sich “für Tierschutz” einzusetzen, kann nämlich ganz unterschiedlich interpretiert werden. Im schlimmsten Fall für Tiere heißt es: nur für die Einhaltung der oftmals viel zu geringen gesetzlichen Mindestanforderungen einzutreten. Das wäre kein vollumfänglicher Einsatz für die Interessen und Belange von Tieren.

Daher muss ein Mandat des*r Beauftragten so formuliert sein, dass die Arbeit auf ethisch und ökologisch begründete Ansprüche der Tiere zielt. Ziel muss das gute Leben der Tiere sein.

Forderungen von Animal Society

Auf Landesebene

… sollten alle Bundesländer und Stadtstaaten eigene Beauftragte für Tierschutz ernennen. Diese sind mit ausreichend finanziellen und personellen Ressourcen auszustatten. Sie sollen ausdrücklich nicht nur für die Einhaltung des geltenden Tierschutzrechts, sondern explizit für die Entwicklung von Politik und Recht im Sinne der Tiere einstehen.

Auf Bundesebene

… muss umgehend das Amt eines*einer Beauftragten für Tierschutz geschaffen werden. Dabei sollte der aktuelle Vorschlag juristischer Expert*innen für ein neues Bundestierschutzgesetz umgesetzt werden, der eine Klagebefugnis und Akteneinsicht für die Beauftragten vorsieht.4

Weiterhin ist auch hier für ausreichend finanzielle und personelle Ausstattung zu sorgen. So kann es ermöglicht werden, dass die Öffentlichkeit bundesweit über Missstände im Tierschutz informiert wird und Lösungsvorschläge für dringende rechtliche und politische Probleme entwickelt werden. Auch auf Bundesebene sind die Aufgaben der Beauftragten so zu formulieren, dass sie umfassend die ethisch und biologisch basierten Ansprüche von Tieren in den Blick nehmen, und nicht (nur) das geltende Tierschutzrecht.

Quellen

1 Koalitionsvertrag 2021 – 2025 zwischen SPD, Bündnis 90/ Die Grünen und FDP. Mehr Fortschritt wagen.
2-3-4 Bülte, J., Felde, B., Maissack, C. (2021): Reform des Tierschutzrechts. Nomos: Online frei zugänglich unter: https://www.nomos-shop.de/nomos/titel/reform-des-tierschutzrechts-id-101096/